Zwischen Gepäckwagen, Plastiktüten, Säcken und ein paar Dutzend Fed-Ex-Kartons lebte Mehran Karimi Nasseri am Pariser Flughafen „Charles de Gaulle“ im Terminal 1. Sir Alfred, wie er später nur noch genannt wurde, hatte sich in Halle 5 unter einer Rolltreppe eingerichtet. Seine Nachbarn waren McDonalds, Bars wie die Le Grand Comptoir-Bar und andere unzählige Shops.
1988 soll Sir Alfred nach einer Zwischenlandung in Paris im Transitbereich seine Papiere verloren haben. Deshalb konnte er seinen Flüchtlingsstatus nicht mehr nachweisen und durfte weder weiterreisen noch den Flughafen verlassen. Erst 1999 erhielt er ein Visum von Frankreich. Die Welt für Sir Alfred stand nach jahrelangen Bemühungen um Aufnahme von mehreren Ländern Europas endlich offen, aber inzwischen wollte er nicht mehr weg und blieb. So lebte Sir Alfred noch bis August 2006 im Flughafenterminal, danach verlor sich plötzlich seine Spur.
Wo ist Sir Alfred?
Die Mitarbeiter von Terminal 1, die Sir Alfred jeden Tag sahen, sehen Sir Alfred im Herbst 2006 zum letzten Mal. Es ging das Gerücht herum, dass er für einen Krankenhausaufenthalt den Flughafen verlassen hatte. Wenn man in den Hallen nach ihm fragte, hat man von einigen gesagt bekommen, dass er nicht mehr leben würde. Von der anderen Seite bekam man zu hören, dass er sich von dem Geld, was er für den Film „The Terminal“ (2004) mit Tom Hanks erhalten haben soll, ein schönes Leben macht. 275.000 Euro soll Steven Spielberg ihm angeblich als Honorar gegeben haben.
„Alfred ist nicht tot, er lebt”, gibt Zahra Toukil zu Protokoll, die langjährige Putzfrau von Terminal 1. Über eine Organisation namens „Emmaus”, die sich um Obdachlose kümmert, konnte Alfred schließlich gefunden werden.
In einem Obdachlosenhaus auf der belebten „Rue des Pyrenées” wurde ein „Monsieur Alfred” als Dauerbewohner geführt. Zimmer 29. Alles, bis auf sein Gepäckwagen war noch da, wie einst an seinem Platz im Terminal. Sogar seine berühmten Fed Ex-Kartons waren noch bei ihm. Das Zimmer war sonst spartanisch und nur mit einem Bett ausgestattet. Waschbecken, Toilette oder Dusche – Fehlanzeige. Im Gespräch soll er gesagt haben:
„Ich will wieder zurück zum Flughafen – lieber heute als morgen.”
Sir Alfred
Außerdem hatte er für den Flughafen-Doktor keine guten Worte übrig, weil er ihn aus dem Flughafen ins Krankenhaus gebracht hatte.
Im September 2022 kehrte Alfred wieder an seinem alten Platz zurück und lebte wieder in den Flughafenhallen in Roissy nördlich von Paris. Nur einige Wochen später, am 12. November 2022, ist er dort im Alter von 76 Jahren gestorben.
Alfreds Leben in Kurzfassung
1945 kam Mehran auf die Welt. Sein Vater war Iraner und seine Mutter stammte aus England. Auf der Suche nach seiner Mutter, zog es ihn von Iran nach England, wo er anschließend studierte. In Belgien wurde er als Flüchtling anerkannt. Bei einer Zwischenlandung in Paris, konnte er wegen verlorener Papiere nicht weiterreisen – und lebte anschließend 18 Jahre am Stück im Terminal.
Ein Pariser Gericht entschied 1992, dass Sir Alfred nicht illegal nach Frankreich gekommen sei, weshalb man den Staatenlosen nicht des Landes verweisen dürfe.
Seine letzte Zeit am Flughafen verbrachte er viel mit Schreiben, Lesen und Studieren in seinem Notizbuch „Mein Leben“. Außerdem soll er zuletzt auffällig in sich gekehrt gewesen sein.
Sein Wunsch, von dem Geld, das er damals für den Film bekommen hatte, in die USA gehen zu können, hat sich leider nicht mehr erfüllt. Insgesamt lebte Sir Alfred über 18 Jahre in den Terminalhallen des Pariser Flughafens.